WAFIOS AG digitalisiert Fertigungsprozesse mit A+B Solutions

„Es lohnt sich“

Federn, Drähte, Ketten, Rohre – man findet sie in nahezu allen Bereichen des täglichen Lebens. Nur wer baut die Maschinen, mit denen die unverzichtbaren Teile in die perfekte Form gebracht werden? Die WAFIOS AG mit Stammsitz in Reutlingen ist seit 1893 darauf spezialisiert, diese besonderen Maschinen für die unterschiedlichsten Anwendungen der Kaltumformung herzustellen. In einem mehrjährigen Projekt gelang dem Traditionsunternehmen die durchgängige Digitalisierung der Fertigungsprozesse von der Konstruktion bis an die CNC-Maschine. Ein zukunftsweisender Schritt, der mithilfe der A+B Solutions GmbH enorme Potenziale freisetzt.

WAFIOS hat seit jeher eine Vorreiterrolle im Sondermaschinenbau innegehabt. Das Unternehmen begann im Jahr 1893 mit der Herstellung von Handflechtmaschinen für Zäune, entwickelte jedoch bereits im Jahr 1905 die erste automatische Drahtflechtmaschine. Diese Innovationsfreude zieht sich wie ein roter Faden durch die Firmengeschichte. Jüngstes Beispiel ist die erstmalige Vorstellung einer CNC-gesteuerten Rohrbiegemaschine für Kunststoffrohre – eine weitere Weltpremiere in einer Reihe von zahllosen Pionierleistungen. Dank der Offenheit für Neues und des klaren Erkennens von Anforderungen navigierte WAFIOS sicher durch alle Höhen und Tiefen der vergangenen 130 Jahre. WAFIOS gilt heute als führend im Bereich Spezialmaschinenbau und beschäftigt weltweit mehr als 1.100 Mitarbeiter.

Von Industrie 1.0 bis 4.0

Das Unternehmen hat nahezu alle Phasen der industriellen Revolution gemeistert, von Industrie 1.0 bis hin zur derzeitigen Industrie 4.0. Während zu Beginn des Industriezeitalters die Mechanisierung im Vordergrund stand, wurde in der Industrie 2.0 die Massenfertigung eingeführt. Mit der Automatisierung durch Sensor- und Elektrotechnik sowie der Verbreitung von Computern hielt die Industrie 3.0 Einzug. Heutzutage stehen die intelligente Vernetzung, die Digitalisierung und das Verfügbarmachen von Informationen im Mittelpunkt des Industrie-4.0-Zeitalters.

Investitionen in Prozessoptimierung gefordert

Jede dieser Stufen brachte eine Steigerung der Effizienz mit sich. Dennoch unterscheiden sich die Stufen 1 bis 3 in einem eklatanten Punkt von Industrie 4.0: Während es in den vorigen Phasen mehr oder weniger genügte, sich moderne Maschinen anzuschaffen, sind die echten Effizienzpotenziale in der aktuellen Phase nur zu erreichen, wenn in die dazugehörige Prozessoptimierung investiert wird. Gelingt dies in Form von digitaler Durchgängigkeit, ist ein Quantensprung geschafft. Prozesse werden schneller, Fehler werden vermieden, Gewinne werden gesteigert. Es entsteht ein klarer Wettbewerbsvorteil, der wiederum die Basis für eine erfolgreiche Zukunft des gesamten Unternehmens bildet.

Fertigungsdigitalisierer als Lotsen

Um in das digitale Zeitalter einzusteigen, bedarf es einer sorgfältigen Analyse des Ist-Zustands und eines klaren Plans für die digitale Durchgängigkeit. Dieser Prozess erfordert Fleißarbeit, sowohl seitens des Digitalisierungsanbieters als auch seitens des Kunden. Siemens bietet dazu passende Software-Tools an, die jedoch nur in Kombination mit Expertise und Erfahrung eingesetzt werden können. Markus Häußler und die A+B Solutions GmbH haben diesen Weg erfolgreich bei WAFIOS gemeistert. Die Fertigungsdigitalisierer aus Schwäbisch Gmünd sind seit vielen Jahren als Siemens „Smart Expert Partner“ auf die Optimierung von Fertigungsprozessen spezialisiert. Markus Häußler besetzt als Verantwortlicher für die CAM-Programmierung bei WAFIOS eine Schlüsselposition zwischen Konstruktion und Fertigung und ist somit ideal geeignet, um den Beginn der digitalen Revolution im Unternehmen zu leiten.

Nichts wie weg von den Dateninseln

Im Jahr 2015 hatte WAFIOS mit vielen isolierten Dateninseln zu kämpfen. Die Konstruktion arbeitete bereits mit Siemens NX als 3D-CAD-System an etwa 80 Arbeitsplätzen. Die Konstruktionsdaten und Modelle wurden in der Siemens PLM-Software Teamcenter verwaltet, welches an das ERP-System von SAP angebunden ist. Der CAM-Bereich arbeitete jedoch an sechs Arbeitsplätzen isoliert mit NX-CAM 3. Aufgrund der eingesetzten Werkzeugverwaltungssoftware „Genius“ konnte kein NX-Update auf aktuellere Versionen durchgeführt werden. In Genius erfolgte die Verwaltung aller dazugehörigen Werkzeuge und Programme in einer eigenen Datenbank, welche die Daten in separaten Netzlaufwerken ablegte. In der Folge gab es keinen direkten Zugriff auf die CAD-Daten, welche längst in einer neueren NX-Version angelegt wurden. Somit war die Datendurchgängigkeit für die 3D-Modelle nicht gegeben, was zu Mehraufwand führte.

Zentrale Datenquelle Teamcenter

Um die Dateninseln zu beseitigen, schlug A+B Solutions die Einführung von Teamcenter für CAM und Fertigung vor. Mit Teamcenter konnte „Genius“ abgelöst und NX-CAM endlich upgedatet werden. Außerdem bot diese Entscheidung für WAFIOS einen Weg zur digitalen Durchgängigkeit auf gleicher Datenbasis – von der Konstruktion bis zur Maschine. Zu diesem Zeitpunkt betreute das Unternehmen etwa 25 CNC-Maschinen mit rund 15.000 Werkzeugen und 100.000 NC-Programmen. Die primäre Herausforderung bestand nun darin, die vorhandenen Daten in das neue System zu übernehmen und dadurch verfügbar zu machen. Das Ziel ist, mit Teamcenter eine zentrale Datenquelle zu generieren, auf die alle zugreifen.

Klassifizierung übernehmen

Teamcenter bietet hierfür eine Lösung namens MRL (Manufacturing Ressource Library). Die Bibliothek verfügt über eine zeitgemäße Klassifizierungsstruktur für Technologiedaten auf Basis der DIN 4003 / ISO. Die Übernahme vorhandener Fertigungsdaten in Teamcenter ist eine Spezialität der A+B Solutions GmbH, weshalb ein gemeinsamer Migrationsplan erarbeitet wurde. Am Beginn stand die Abbildung der WAFIOS-Klassifizierung der Werkzeuge in Teamcenter MRL. Dann wurden via PLMXML die Attribute aus der Genius-Datenbank in Teamcenter migriert. Der Migrationsumfang betrug ca. 8.000 Komponenten und 15.000 Komplettwerkzeuge. Markus Häußler beschreibt den Aufwand: „Bei diesem Umfang wäre es nicht möglich gewesen, alles von Hand einzupflegen. Glücklicherweise verfügt A+B Solutions über eigene Mapping- und Migrationstools, die eindeutige Verknüpfungen zwischen alt und neu herstellen. Wir konnten die Zuordnung in einer übersichtlichen Maske gegenüberstellen und quasi richtig `verdrahten´. Eine unglaubliche Erleichterung, die uns die Sicherheit gab, alle Daten korrekt und verwertbar zu übernehmen.“

Gefahrenquelle Papier beseitigen

Bei der Migration der NC-Programme wird ähnlich vorgegangen, wobei hier die Artikelnummern mit den Fertigungsdaten verknüpft und die richtige Struktur in Teamcenter angelegt wird. Was sich so einfach anhört, gestaltete sich für Markus Häußler zu einer echten Herkulesaufgabe: „Dieser Vorgang war bei WAFIOS relativ komplex, da wir allein 100.000 NC-Programme und 150 Leitz-Ordner mit Spannplänen und Notizen hatten. Die Ordner mit Papier standen an jeder Maschine in der Fertigung verteilt. Drei Werksstudenten haben sie dann digitalisiert, daraus sind 40.000 PDFs entstanden, welche anschließend den NC-Programmen zugeordnet werden mussten. Genau hier half das Migrationstool von A+B Solutions wieder enorm, indem wir uns eine maschinenindividuelle Logik überlegt haben. Schließlich hat jeder Maschinenbediener seinen eigenen Arbeitsstil, den er entsprechend dokumentierte. Wegen der dafür notwendigen Analysen dauerte die Startphase für die erste Maschine mit einem halben Jahr etwas länger, bevor wir dann zunehmend zügiger wurden. Seit 2019 haben wir 15 Maschinen eingebunden und machen große Fortschritte beim Anbinden des restlichen Maschinenparks.“ Auf diese Art und Weise wird wertvolles Know-how aus vielen Jahrzehnten, welches früher über die ganze Firma verteilt war, digital erschlossen und zentral verwaltet. Allein dieser Aspekt und die eingesparte Zeit aus umständlichen Suchvorgängen vergangener Tage machen die Digitalisierung mit Siemens Teamcenter und A+B Solutions absolut lohnend. Per Knopfdruck erscheinen nun die richtigen Informationen in der richtigen Version zum tatsächlich freigegebenen Programm.

Mehr als doppelt so schnell in der Programmierung

Beeindruckend sind die Effizienzsteigerungen, die bereits mit dem ersten Etappenziel 2018 erreicht wurden. Seitdem arbeiten die Konstruktion und die CAM-Programmierung auf einer gemeinsamen Datenbasis mit NX, NX-CAM und Teamcenter. Markus Häußler beziffert die Vorteile: „Wir können jetzt direkt auf die Daten der 3D-Modelle in der Konstruktion zugreifen. Während wir früher immer alles neu programmieren mussten, brauchen wir jetzt bei ähnlichen Teilen nur noch die Abweichungen ergänzen. Damit sind wir 50 bis 80 Prozent schneller in der Programmierung. Hinzu kommen die Zeitvorteile aus dem optimalen Zusammenspiel von Mensch, Maschine und Material beim Start der Bearbeitung.“

Produktivität um mehr als ein Drittel gesteigert

Die Anbindung an die Maschinen in der Fertigung erfolgt über die A+B Software „Shop-Floor-Connect“. Die A+B-Solutions GmbH ist Entwicklungs- und OEM Partner von Siemens. Die Software-Lösungen werden weltweit exklusiv über Siemens vertrieben. „Shop-Floor-Connect“ verfügt über eine intuitive Bedienoberfläche und kann nahezu alle Maschinen ansprechen. Selbst ältere Maschinen, die lediglich über eine serielle RS-232-Schnittstelle verfügen, kann A+B Solutions mittels Adapter problemlos integrieren. Langwieriges Einfahren und vorsichtiges Testen entfallen, denn NX-CAM simuliert den Zerspanungsprozess absolut zuverlässig: „Schon bevor das erste Teil hergestellt wird, haben wir eine Kollisionskontrolle und können sicher sein, dass nichts schief geht. Mittlerweile lassen die Werker selbst noch nie gefahrene NC-Programme sofort voll starten ohne Einfahren. Hier ist ein gewaltiges Vertrauen in die Systemdaten gewachsen, was auch die Maschinenbedienung vereinfacht. Maschinencrashs, wie sie früher schon mal vorkamen, haben wir keine mehr. Das ist ein enormer Produktivitätsgewinn, denn wir reduzieren darüber hinaus unsere Maschinenstillstandszeiten und Fehlerquellen. Hinsichtlich des eng getakteten Produktionsplans und der angespannten Liefersituation für neue Werkzeuge und Maschinenteile ist das ein großer Vorteil. Ich schätze, dass wir unseren Output um 30 bis 40 Prozent steigern konnten.“

Werkzeugverwaltung integriert

Zusätzlich zur digitalen Durchgängigkeit von CAD, CAM und Fertigung schafft A+B Solutions die Anbindung zum vorhandenen Werkzeugverwaltungssystem TMS von Zoller. Solche Anbindungen von Drittanbietern in Teamcenter löst A+B Solutions mit der umfangreichen 3rd-Party-Integrationsplattform. Die A+B Solutions-Schnittstelle schließt hier den Werkzeugkreislauf zwischen virtueller und physikalischer Welt. Werkzeugdaten werden fortan nur einmal in Teamcenter angelegt. Teamcenter fungiert als führende Betriebsmitteldatenbank und stellt die Informationen zu den Werkzeugen sowohl virtuell für NX-CAM zur Verfügung als auch physikalisch an Zoller TMS. Die Informationen zu Stücklisten, Nummern und Attributen werden aus Teamcenter an Zoller TMS in der Werkzeugausgabe übergeben. Dort erfolgt die physikalische Aufbereitung mit der Klärung, wie viele solcher Werkzeuge bereits vorhanden sind, welche Komponenten vorrätig sind und wo sich diese Werkzeuge befinden (im Werkzeugschrank oder auf der Maschine).

Neue Horizonte erreichbar

Die Flexibilität, Offenheit und Transparenz von Teamcenter erschließt WAFIOS viele weitere Möglichkeiten. So steht einer TISAX-Zertifizierung zum anerkannt sicheren Datenaustausch mit der Automobilindustrie nichts mehr entgegen. Ebenso sind neue Ansätze wie z. B. „Concurrent Engineering for Manufacturing“ denkbar. Hierbei handelt es sich um paralleles Arbeiten in Form einer Teilfreigabe aus der Konstruktion für Einzelteile an die Produktion, noch bevor die ganze Maschine fertigkonstruiert wurde. Damit lassen sich Lieferzeiträume reduzieren. Weitere Ansätze wären die Nutzung von Cloud-Technologie mit Teamcenter X oder die digitale Inbetriebnahme mit Unterstützung eines digitalen Zwillings.

Keinerlei Berührungsängste

Während solche Vorhaben noch in den Sternen stehen, denkt Markus Häußler bereits konkret darüber nach, die Messprotokolle der ZEISS-CALYPSO-Software zu integrieren: „A+B bietet uns auch hier eine passende Schnittstelle. Wir sind froh, dass uns A+B Solutions angesichts der Bandbreite an Lösungen immer beratend zur Seite steht. Teamcenter ist eine mächtige Applikation, die deshalb zu Unrecht als kompliziert gilt. Wichtig ist die richtige Heranführung an die Struktur und eine intuitive Umsetzung der Bedienmasken. Umständliche Eingaben erfahren keine breite Akzeptanz. Wir haben heute auf allen Ebenen keinerlei Berührungsängste – im Gegenteil. Niemand möchte mehr die neuen Funktionen missen. Für uns ist es eine große Hilfe, stets auf die praxisnahen Erfahrungen von A+B Solutions zurückgreifen zu können. Gemeinsam gelang uns eine zuverlässige Auswahl der aktuell notwendigen Schritte und Funktionen. Somit erlebten wir einen übersichtlichen Einstieg, ohne uns zu überfordern oder Wege in die Zukunft zu verbauen.“

Investition hat sich gelohnt

WAFIOS profitiert von einer Vielzahl an Vorteilen durch die erstmals realisierte, digital durchgängige Prozesskette von der Konstruktion bis an die Bearbeitungsmaschine. Die Tatsache, dass nun alle relevanten Daten auf einem System zu finden sind, erleichtert nicht nur der IT-Abteilung mit einer zentralen Datensicherung die Arbeit. Die digitale Transformation bei WAFIOS beruht auf der Grundlage, dass die Unternehmensführung weitsichtige strategische Entscheidungen zur Weichenstellung getroffen hat. Die Bereitschaft, in Prozesse zu investieren und die dafür benötige Zeit und Ressourcen einzuräumen ist unabdingbar. Als Belohnung winkt ein gewaltiger ROI, der sich nach Vollzug der Maßnahmen schnell einstellt. Markus Häußler sieht den Standort dadurch nachhaltig gestärkt: „WAFIOS steht selbstverständlich in einem internationalen Wettbewerb, der uns zwingt, produktiver zu werden. Die zentrale Frage ist, wie wir effizienter werden können, ohne Einbußen in der Qualität hinnehmen zu müssen. Mit den Digitalisierungslösungen von A+B Solutions und Siemens erreichen wir unsere Ziele und sind qualitativ sogar noch besser und flexibler als jemals zuvor. Den modernen Marktanforderungen können wir nur gerecht werden, wenn wir unsere Prozesse gesamtheitlich sehen und digital umsetzen. Mit dem Wissen von heute hätten wir schon viel früher den Schritt wagen sollen, denn er bedeutet eine Investition in die Zukunft des gesamten Unternehmens und das lohnt sich doch wirklich!“